23-Jähriger soll Fünfjährigen zu Tode geprügelt haben

Zwei Festnahmen in Mönchengladbach

Foto: dpa/Silas Stein

 


Quelle: RP-online

Von Andreas Gruhn und Gabi Peters


Mönchengladbach: Seit Dienstagabend ermittelt in Mönchengladbach eine Mordkommission, weil ein kleiner Junge eines gewaltsamen Todes starb. Die Mutter des Kindes und ihr Lebensgefährte wurden festgenommen.

Am Mittwochnachmittag war noch einmal die Spurensicherung in der Wohnung im Mönchengladbacher Stadtteil Dahl. Dort soll am Tag zuvor ein kleiner Junge gewaltsam zu Tode gekommen sein. Der Freund der Mutter soll den Fünfjährigen so verprügelt haben, dass das Kind nicht überlebte. Nachbarn berichten, dass sie einen Mann mit Blutspuren an der Kleidung gesehen haben.

Die Polizei bestätigt nur, dass zwei Personen festgenommen worden sind: Eine 23-jährige Frau und ihr gleichaltriger Lebensgefährte. Eine Mordkommission wurde eingesetzt. Sie will erst am Donnerstagmorgen Details zu dem Fall bekannt geben.

Der Rettungsdienst war am Dienstagabend gegen 19 Uhr von der 23-Jährigen Frau zur Dessauer Straße gerufen worden, weil deren Sohn nicht mehr atmete. Zunächst soll das Paar erklärt haben, das Kind sei aus einem Hochbett gefallen. Doch der Notarzt fand den Fünfjährigen leblos vor, und die Todesursache war offensichtlich auch nicht der Sturz. Da der Verdacht bestand, dass sich die augenscheinlichen Verletzungen des Kindes nicht mit dem geschilderten Sturzgeschehen erklären ließen, zog der Notarzt die Polizei hinzu. Diese entschied zusammen mit der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach, die Ermittlungen in Form einer Mordkommission aufzunehmen. Der Verdacht eines möglichen Tötungsdeliktes erhärtete sich weiter. Die Mutter und ihr nach eigenen Angaben ebenfalls dort wohnender Lebensgefährte wurden vorläufig festgenommen. Der Richter erließ Haftbefehl gegen die Mutter wegen Totschlags durch Unterlassen und gegen ihren Lebensgefährten wegen Totschlags. Der Mann soll in der Vergangenheit bereits wegen Körperverletzungsdelikten aufgefallen sein. Die Ermittlungen dauern an.

Die Frau hat noch ein weiteres Kind, einen jüngeren Sohn. Er befindet sich derzeit in Obhut des Jugendamtes. Wie die Stadt bestätigte, war die Familie dem Jugendamt bekannt.

Häusliche Gewalt ist in der Corona-Pandemie ein großes Problem. Nicht nur deshalb, weil sehr wahrscheinlich die Gewalt und damit die Fallzahlen steigen, wenn Familien permanent zusammen in der Wohnung sind. Sondern auch, weil Opfer von Gewalt in der Familie aktuell nur schwer Zugang zu Hilfe und Beratungsstellen finden. „Problematisch ist die Lage dort, wo vorher Gewalt schon eine Rolle gespielt hat und es keine klare Linie in der Erziehung zwischen Vätern und Müttern gibt“, sagt Mareike Eßer, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Mönchengladbach. Beim Kinderschutzbund melden sich vor allem Nachbarn und Verwandte, wenn sie Sorge um das Wohl eines Kindes haben. In den seltensten Fällen melden sich die Kinder selbst. Normalerweise sind etwa Angst vor Zeugnissen oder ähnliche Probleme die häufigsten Anlässe der Anrufe. „Aber im Moment nehmen die Fälle an Brisanz deutlich zu“, beobachtet Eßer.

Ähnliches bemerkt auch der Verein Zornröschen, der eine Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Jungen und Mädchen betreibt. „Wir empfinden die Lage als schwierig, die Dunkelziffer an Vorfällen liegt wahrscheinlich viel höher“, sagt Vorstandsmitglied Michael Heinemann. Zu Beginn der Corona-Pandemie sei die Zahl der Anrufe deutlich gesunken, seit einigen Tagen seien aber wieder verstärkte Nachfragen zu verzeichnen. „Das Problem ist, dass sexueller Missbrauch anders als physische Gewalt im Verborgenen passiert. Kinder vertrauen sich nur einer Bezugsperson etwa im Kindergarten oder der Schule an. Die sehen sie aber im Moment nicht“, sagt Beraterin und Sozialpädagogin Sigrid Mattausch. „Deshalb erreichen uns auch die Kinder nicht.“ Der Bedarf an Beratung ist ungebrochen groß, 2019 verzeichnete Zornröschen mehr als 500 Anfragen für Erstkontakte. „Genauso hat es sich im ersten Quartal dieses Jahres auch fortgesetzt“, sagt Mattausch. „Bis durch Corona der Einbruch kam.“